Geboren 1966 in Marseille () Lebt und arbeitet in Paris (Frankreich ) | Biographie Bibliographie Liste expositions |
Boris Achour nimmt ein Jahr lang als Vorbereitung auf die Kunstschule von Cergy-Pontoise privaten Kunstunterricht in Paris. Nachdem er 1991 an dieser Schule sein Diplom erhalten hat, schreibt er sich an der Pariser Kunsthochschule Ecole Nationale Supérieure des Beaux-Arts ein.
Fotos, Installationen, Skulpturen, Videos, Tonbildschaus, Flugblätter, Performances, Plakate, Boris Schaffen ist an keinen besonderen Informationsträger gebunden. Hinter dieser Vielseitigkeit ist dennoch eine Vorliebe für das Objekt zu erkennen, das Objekt, das man mit nach Hause nehmen kann. Im April 2000 benutzt er in seiner eigenen Ausstellung Générique Objekte aus eigener Herstellung (Fotos, Leuchtdiodentafeln), um damit eine Sitcom-Bühne zu dekorieren, die in der Galerie Chez Valentin aufgebaut ist. Boris Achour verwendet alle Teile für die Dekoration und testet, in wie weit sie aus ihrem Museumswerden extrahiert und einem alltäglichen Raum einverleibt werden können.
Alle Objekte haben trotz der unterschiedlichen Genres eines gemein: "Sie wurden mit eigenen Mitteln hergestellt". Das wichtigste ist nicht das plastische Endergebnis, sondern die Fähigkeit, mit den Mitteln, die einem geboten werden, zu existieren. Man stößt hier auf Robert Fillious Einteilung in "Gut gemacht, schlecht gemacht, nicht gemacht".
Boris Achour jagt hinter dem Lapsus her, hinter der Fortbewegung der Sinne, den Absurditäten der Sprache, die einen neuen Sinn ergeben, kurz und gut, er verfolgt die psychologische Dimension der Sprache, die uns dazu veranlaßt, herauszufinden, "wer spricht, wenn ich spreche".
Für die Ausstellung Sensitive im Printemps von Cahors im Juni 2000 schafft er mmmmmm, ein dreißigminütiges Werk mit Ton, in dem eine an Aphasie leidende Person, d.h. eine Person, die infolge eines Unfalls das Sprachvermögen und -verständnis verloren hat, - mehrere Episoden aus ihrem Leben erzählt, vor allem, wie sie wieder sprechen gelernt hat.
Boris Achour entnimmt seine Slogans der Werbesprache. Sein aus Leuchtdioden auf Brettern bestehendes Werk Je ne veux tout lenkt von diesem Anspruch auf eindeutige Informationen ab.
Das Arbeiten mit dem Gegenteil ermöglicht ihm, die Fehler eines Systems aufzuzeigen, in dem eine Zweckmäßigkeit niemals in Frage gestellt wird. Boris Achour stellt Kanapees her, auf die man sich nicht setzen kann. Die Videoaufnahme zeigt eine mit Gips gefüllte Hand, die nicht greifen kann.
Boris Achour legt einen hellsichtigen Argwohn gegenüber der "Kommunikationsgesellschaft" und ihrer Systeme an den Tag. Er verzichtet auf radikale Stellungnahmen und auf die Blasiertheit, an die Anprangerung der Gesellschaft zu glauben. Die Rolle des Künstlers besteht nicht mehr darin, ein Schamane zu sein, sondern die Ohren zu spitzen und Fingerzeige zu geben. Fingerzeige gibt er mehr, als es scheint.
Diese kritische Position lässt eine entfernte Verwandtschaft mit Guy Debord erkennen. Und dennoch, die situationsbedingte Revolution fand nicht statt und für Boris Achour hat es sie nie gegeben. An Stelle des romantischen Rückzugs der Welt tritt ein Widerstand ohne Zweckbindung. Zwischen 1993 und 1997 sind die Actions-peu eine "sanfte Guerilla", sanfte Veränderungen des städtischen Umfelds, die einen Weg suchen, wie sie der Realität eine neue Ablaufplanung geben können. Diese anonymen Aktionen zielen nicht auf einen Konflikt ab, auf Selbstbehauptung durch ein Mehr, sondern vielmehr auf Infiltration durch ein Weniger.
Der von Boris Achour häufig verwendete Begriff Dedans und Dehors – auch Titel seiner Ausstellung im Kunstzentrum von Montbéliard - resümiert gelungen seinen Wunsch, in der Welt zu sein, - denn der Künstler ist weder Abtrünniger noch Held - , und jene Position des kundigen Beobachters der ihn durchflutenden Zeichen- und Sinnesflut zu bewahren. Er konkretisiert diesen Wunsch und wirkt im Januar 1999 an der Entstehung von Public, einem Ausstellungs- und Experimentierraum, mit, wo Plastiken, Performances, Musik, Tanz usw. gezeigt werden.
Laetitia Rouiller