The Loner, 1980
NTSC, Ton, Farbe
The Loner ist die Geschichte eines humanoiden polymorphen Jugendlichen. Der Protagonist wird von zahlreichen Komplexen gequält, von auto-erotischen Obsessionen beherrscht und von einer akuten Paranoia zerfleischt. Die Figur ist dem Haß gegen sich selbst ausgesetzt. Ihr Symbol ist der Kümmerling. The Loner ist ein Mensch, der sich nicht anpassen kann. Seine mangelnde Anpassungsfähigkeit zeigt sich gleich bei seiner Geburt. Er ist das Ergebnis eines Irrtums, einer versehentlichen Paarung zweier Personen, die im Video durch ein Paar Hände dargestellt werden. Bei seiner Geburt nimmt er die Form einer Eierschale an, die von seinen Erzeugern sofort zerbrochen wird. Die Szene seiner Geburt wiederholt sich. Er wird darin als eine Art unförmige Larve dargestellt, die aus einem bunten Kaugummi besteht. Seine Unvollendung führt zu einem ständigen Wandel seiner Erscheinungsform: vom wassergefüllten Präservativ über eine behinderte Spinne bis hin zu einer Albino-Schabe. Die Szenerie im Video lehnt sich an die französische "Nouvelle Figuration" und den deutschen Neoexpressionisimus an, Strömungen, in denen Form und Farbe als Ausdruckselemente verwendet wurden, und die Figur als grundlegender Bestandteil der Struktur und Verweis auf die in der zeitgenössischen Subkultur entstandenen Formen eingeführt wird. Im Video von Tony Oursler ist das Dekor, eine Art Minitheater, in grellen Farben gehalten. Die Figuren werden durch Körperteile dargestellt. Man sieht einen Arm, der die verschiedenen Objekte bewegt. Der Künstler nimmt Bezug auf die Welt der achtziger Jahre, insbesondere bei der Szene in der Bar, in der eine Hand und ein Fuß die Darsteller sind. In einer Art Fernsehrahmen erscheint ein Sänger in einer Art Videoclip. In diesem Video gibt es keine speziellen Trickaufnahmen. Alles wird gezeigt und bleibt absichtlich sichtbar. Die Einblendung eines Gesichts in der Szenerie erfolgt mit Hilfe einer Öffnung, durch die der Kopf des Darstellers hindurchpaßt, so wie die Fotos, die auf den Jahrmärkten früher gemacht wurden. Die Ausdrucksstärke der Inszenierung verweist, sowohl was die Form als auch was die Themen angeht (Schicksal, Wahnsinn, Tod) auf die kinematographische Lesart des Kabinett des Dr Caligari (1919) von Robert Wienehin. Tony Ourslers Geschichten sind jedoch nicht didaktisch, sie bleiben aufgrund der ironischen Darstellungsweise immer lustig und verwirrend. Tony Oursler versucht, wie in allen seinen Kunstwerken zu Beginn seiner Schaffensperiode, mit Hilfe von Berichten und Bildern einen geistigen Raum herzustellen. In einem Gespräch mit Elisabeth Janus sagt er: "Meine ersten Inspirationsquellen für meine Schriften stammten aus dem, was ich die persönliche "pop"- Erfahrung nenne: ein Amalgam von Bildern aus der Tagespresse und meiner eigenen Erfahrung, oft Fetzen die ich bei anderen aufgeschnappt habe. Als ich die ersten Videos machte, funktionierte ich wie eine Antenne, die die Erzählungen der anderen empfängt. Ich sammelte und zerlegte Stadtlegenden, Fabeln und Folklore." 1
Dominique Garrigues
1 Elisabeth Janus, "Vers une grammaire psycho-dramatique de l'image en mouvement : un entretien avec Tony Oursler", Katalog Tony Oursler, capcMusée d'art contemporain, Bordeaux, 1997.