Anthologie de performances, 1975 - 1980
U-matic (x3), PAL, son, n/b
Die auf Video dokumentierten Body Art-Performances von Abramovic/Ulay markierten nicht nur den Beginn ihrer engen Partnerschaft und Zusammenarbeit, sondern zeigen sozusagen die Essenz ihres Künstlerischen Ausdrucks in der Auseinandersetzung mit Extrem- und Grenzerfahrungen - und deren Überschreitung. Der Schwerpunkt ihrer Performances lag in der Erfahrung, im Ertragen einer bestimmten Situation oder einer aktiven Handlung, die mit offenem Ende konzipiert waren, das heißt so lange, wie jeder der beiden den Zustand durchhielt. Meist wurden dabei die Grenzen körperlicher Kräfte erreicht. Am Beispiel der Konfrontation zwischen Abramovic/Ulay und ihrem direkten Kontakt zueinander, wurden die verschiedenen Aspekte weiblicher und männlicher Beziehung und ihrem Verhältnis thematisiert. Die Konzentration auf ihre Körper und die Gegenüberstellung der beiden Personen setzte eine ungeheure Energie frei und ließ ihre Performances zu einer künstlerischen Einheit werden. In vielen Fällen strahlten ihre Body Art-Erfahrungen auch auf das Publikum aus und dessen Eindrücke und Reaktionen in den Lauf der Aktionen eingebaut oder zumindest herausgefordert wurden (Beispiel: Impnderabilia). Es gab aber auch die nur auf persönliche, erste Schritte der Annäherung beider Körper und ihrer Haltungen angelegten Arbeiten (Beispiel: Relation in Space, Talking about Similarity).
Die besondere, enge Liebesbeziehung zeigte auch ihre symbiotischen Spuren in der künstlerischen Tätigkeit, obwohl beide Künstler - wie 1997 in einem Interview bestätigt - während ihrer Arbeit ganz in ihrem "performance body" aufgingen, mit einer besonderen Einstellung, geistigen und körperlichen Aufmerksamkeit und Durchlässigkeit für ihr offenes, bewegtes Kunstwerk. Mobilität als Lebensform war ihnen wichtig in dieser Zeit, dergestalt haben ihre Performances sowohl einen ganz direkten, persönlichen Bezug, wie sie auch in einen grundlegenden, allgemeinen Zusammenhang gestellt werden können, da Abramovic/Ulay die von Menschen meist nicht gewagten Extremerfahrungen bis zum Ende durchspielten.
Kunst als lebendiger Austausch, Konfrontation, herausstellen von unendlicher Bewegung, Beziehung zu Raum und Zeit, Verletzlichkeit, Glück und und Risiko stellen ganz fundamentale Erfahrungen sowohl eines Individuums mit sich und dem Gegenüber, aber auch mit seinem sozialen Umfeld. Ein wichtiger Faktor bei den Performances ist die Spontaneität, deshalb gibt es keine vorherigen Proben oder Wiederholungen des einmal Aufgeführten, Erlebten. So essentiell sich diese Aspekte zeigen, so ursprünglich wurden sie von dem Künstlerduo präsentiert, das meist nackt ungeschützt auftrat. Entschiedend ist auch, ob die Life-Aktionen in einem gegebenen oder einem selbst gewählten Raum stattfinden.
Ein Statement zu ihrer Arbeit: "At the beginning of our Relation Work we considered vitality as an energy for physical motion, with the effort to direct movement towards physical limitations. Our approach to concrete physical matter changed gradually by the influence of our executed vital work. Now we consider vitality as an energy of sensivity for inner and outer dialogues. Such a dialogue depends on the speed of sensivity. This movement give to us a greater opportunity towards the opening."
Lilian Haberer