Bouncing in the Corner 1 and 2 (Upside Down), 1968 - 1969

NTSC, Ton, Schwarzweiss


Bruce Nauman, der vor allem für seine Neonskulpturen und seine Installationen bekannt ist, arbeitet seit den sechziger Jahren in einer absoluten Heterogenität an Formen, Medien und Materialien : Film, Video, Ton, Fotografie, Neonlicht, Gips, Wachs usw. Seine Kunst - und ganz besonders seine Videoperformances im Atelier - durchquert den Schaffensbereich, die Frage nach der Identität und dem Körper des Künstlers, um den Blick auf den Zuschauer zu lenken und ihn dazu zu bringen, seine räumlichen und zeitlichen Anhaltspunkte zu verlieren. Diese feinfühlige und direkte Vergegenwärtigung seiner privaten Welt verweist sofort an einen anderen "Zuschauerraum", die Öffentlichkeit, kippt von Innen nach Außen um. Bruce Naumann entscheidet sich sehr schnell für die Leichtigkeit und Handlichkeit der Videoaufzeichnung, um damit ohne Unterlaß das physikalische Experiment der Wahrnehmung des Individuums, das in seiner intimen und gewöhnlichen Welt gefangen ist, neu zu formulieren.
Bouncing in the Corner 1 and 2 (Upside Down) bringt mit großer Einfachheit ein Konzept, nämlich die Vorstellung des orientierungslosen Blicks, in eine Form und spiegelt dem Zuschauer die physikalische Realität des Darstellers in diesem konkreten Augenblick in einer bestimmten Stellung wieder. Der Raum wird hier gekippt, gestört, schräg. In zwei unbeweglichen Einstellungen, von vorn und aus Froschperspektive, wiegt sich der Körper des Künstlers, als sei er auf den Boden festgenietet, in einem Winkel zwischen zwei Wänden hin und her: bedrohtes Gleichgewicht und schwindelerregende Perspektive. In dieser ständigen Bewegung des Körpers, die durch Impulse und Stöße ihren Rhythmus bekommt, steht weniger die Wiederholung im Mittelpunkt dieses Kunstwerkes, sondern vielmehr der Mittelpunkt selbst, das Subjekt in seiner Veränderung. Das Bild betrachtet in einer immer noch feststehenden Einstellung unbeweglich seine Beute, erforscht die Variationen des Körpers, die Grenzen seiner Reichweite. Bruce Naumann stellt sein eigenes Bild auf die Probe, indem er immer und immer wieder mit einfachen Gesten beginnt und die abstrakte Realität der Form und des Hintergrundes im Raum und in der Zeit hetzt und kaputtmacht. Dieses Kunstwerk vermittelt sowohl eine geistige als auch eine physikalische Erfahrung in einem abgeschlossenen Ort, der den verschanzten, stummen, gesichtslosen Körper einschließt.1


Stéphanie Moisdon


1 Eine Erfahrung, die in einer dehnbaren Zeit wahrgenommen wird: die Kunstwerke, die ursprünglich solange dauerten, wie ein Videoband (60'), wurden später neu inszeniert, in einigen Fällen mit dem Einverständnis des Künstlers.