Détour Ceausescu, 1990

PAL, Ton, Farbe


Das Werk von Chris Marker, das weder als Dokumentararbeit noch als Fiktion zu betrachten ist, setzt sich über Grenzen und Definitionen hinweg und zwingt dem "Bild-Menschen" jenseits formaler Kategorien eine Moral, ja eine Philosophie auf: einen offenen Blick für die Welt bewahren, und gegenüber dem Ereignis, der Geschichte, der Wirklichkeit und ihren imaginären Projektionen jederzeit in Habachtstellung bleiben.

Chris Marker ist ein Mensch, der auf der Lauer liegt, der immer bereit ist, sich die großen Ereignisse unserer Zivilisation, die Inszenierungen, die zahlreichen Bilder, die früher durch Schrift, Fotografie oder den Film und heute durch den Computer und das Fernsehen vermittelt werden, einzuprägen.

Hinter seinem feststehenden Bildschirm wird die Geschichte (nieder)gemacht: der Prozeß des Ehepaars Ceaucescu, ihre Hinrichtung, das Live-Spektakel des Niedergangs eines totalitären Regimes. Doch was er mit aller Schärfe ankreidet, ist nicht so sehr der Ort, wo und der Augenblick, in dem sich die Geschichte vollzieht, sondern die Art, wie Sie uns nahegebracht wird, fest eingekreist von dem Kommentar eines Journalisten und von Werbeeinlagen. In einem kritischen Anlauf fügt Chris Marker alle Werbespots in das Dokument ein, und prangert somit die Absurdität, die morbide Selbstgefälligkeit und den Voyeurismus der Medien an. Diese Montage klagt kraftvoll die Perversion eines solchen Mediums an und zeigt, wie die Inszenierung des Ereignisses zur reinen Darstellung seines kommerziellen Wertes wird. Das Subjekt einer geschichtlichen Begegnung wird zum Objekt des Handelsverkehrs. Détour. Ceaucescu ist eine impulsive eilige Antwort auf die Medienmanipulation einer der bedeutendsten Revolutionen Ende dieses Jahrhunderts: die erste Revolution, die der Zuschauer live mitverfolgen konnte. Dieses Video wurde in Zapping Zone, eine interaktive Multimediainstallation eingebunden, einem Ort, an dem sich Fiktion und Erinnerung miteinander vermischen

Stéphanie Moisdon