NEW SKIN, 2001

20’, Installation audiovisuelle
4 écrans elliptiques, 4 vidéoprojecteurs, 1 synchroniseur, 8 haut-parleurs,
2 bandes vidéo, PAL, couleur, son quadriphonique (anglais sous-titré français)


New Skin wurde vom Centre Pompidou im Rahmen der Ausstellung Sonic Process produziert, die sich mit den Beziehungen zwischen akkustischer und visueller Kunst befasste. Aus diesem Anlass realisierte Doug Aitken eine Installation, die auf fiktionale Weise den Beziehung zwischen Sehvermögen und Gehör und des Bezugs zum Gedächtnis erforscht.

Im Zentrum eines dunklen Raums hängen zwei ellipsoide Bildschirme, kreuzförmig angeordnet; das Bild ist sowohl von der einen wie auch der anderen Seite eines Bildschirms zu sehen. Diese Multiplikation an Bildschirmen ermöglicht es Doug Aitken, dem Besucher vier Bildschirme zu präsentieren, die aus jeder Perspektive im Ausstellungssaal zu sehen sind, was er bei einen Rundgang feststellen kann. Der Ton wird mit Surround-System ausgestrahlt, einer speziellen Technik, die, mit mehreren im Raum verteilten Tonquellen, als verbessertes Wiedergabeverfahren gilt.

Die Videoinstallation beginnt mit der Grossaufnahme eines rückwärts laufenden Digitalzählers. Eine junge Frau asiatischer Herkunft, die anonym bleibt, sitzt in ihrer Wohnung in Tokyo inmitten eines mit Zeitschriften, Büchern und Objekten gefüllten Raums. Sie drückt sich durch eine Off-Stimme aus (die man hört, ohne jedoch Lippenbewegungen der Sprecherin zu sehen). Die junge Frau ezählt, dass sie nach und nach ihr Augenlicht verliert und versucht, Bilder in sich aufzunehmen, bevor es zu spät ist. Sie schaut frenetisch in Archive, die sie in ihrer inneren Welt angesammelt hat.

Sie wiederholt immer wieder einen Satz: " The more I see, the less I believe in the images I find ". Die Aussicht auf ihre baldige Blindheit treibt die Darstellerin dazu, ohne Unterlass neue Informationen zu suchen ; durch ihren Wissensdurst verliert sie jedoch einen Teil ihres Gedächtnisses. Doug Aitken drückt dieses Paradoxon auf nicht-lineare Weise aus, so wie das Gedächnis funktioniert, das nicht unendlich viele neue Fakten aufnehmen kann.

Nach und nach entwickelt sich die Montage der Videoaufnahme: Der Rhythmus der Aufnahmenabfolge erhöht sich, die langen Einstellungen drehen sich um die junge Frau und verwandeln sich in kürzere Sequenzen (zum Beispiel von industriellen Landschaften bei Nacht), die von Bildern eines Digitalzählers zu Beginn der Aufnahmen unterbrochen werden. Diese Beschleunigung erinnert an die Unausweichlichkeit des Blindwerdens der Protagonistin.

Doug Aitken führt auf progressive Weise Video-Effekte ein: Standbild, Ablagerung von Objekten auf dem Bildschirm, Erscheinen und Verschwinden bestimmter Teile der Aufnahme, Aufteilung des Bildschirms in mehrere Teile (split screen) wie zum Beispiel ein Fahrrad, das in einer verlassenen Strasse allmählich vom Bildschirm verschwindet, oder die junge Frau, die ihr Bild im Spiegelbild immer mehr verblassen sieht. Diese Effekte treiben den Verfall der Welt der Protagonistin voran und zwingen sie in einen immer kleineren Raum.

Der Monolog der Erzählerin wird von einer Musik begleitet, die sich in gleichem Masse verstärkt wie die Bilder komplexer werden. Genau wie bei der jungen Asiatin wird unser Gehör in zunehmendem Masse von dieser träumerischen Musik angezogen. Doug Aitken legt akkustische und visuelle Effekte übereinander. Während die junge Frau am Tisch mit Freunden zusammen isst, verschwinden diese einer nach dem anderen, ihre Unterhaltung verblasst und wandelt sich in eine Geräuschkulisse um.

Am Ende von New Skin steht der Digitalzähler auf Null und das Videoband beginnt von Neuem. Doug Aitken versucht, den Zuschauer eine subjektive Erfahrung der Verschlechterung des Sehfähigkeit erleben zu lassen.

Laetitia Rouiller